Mai 1997 und 30./31. August 1998
In Berlin-Köpenick bei Chris Barber
Die Altstadt von Köpenick liegt auf einer Insel zwischen der
Spree (das Gewässer oberhalb der Atlstadt), dem Fluss Dahme (das
Gewässer links neben der Altstadt) und dem Kietzgraben, der beide
Flüsse verbindet. Wir übernachten im Hotel "Alter Mart".
Wie errechtman
das Hotel? Von der Stadtmitte Berlins geht es über die "Dammbrücke",
die Straße "Alt-Köpenick" vorbei am Rathaus,
dann links ab über die "Müggelheimer Straße"
und weiter links über die "Amtsstraße" in die
Straße "Alter Markt" zum Hotel Alter Markt. Man muß
diesem Weg sehr genau folgen, da man sonst wegen der vielen Einbahnstraßen
sein Ziel nie erreicht.
Auf dem Weg dort hin sind wir am Köpenicker Rathaus vorbei gekommen.
Das
Gebäude, das wir hier sehen, ist das dritte Rathaus hier an dieser
Stelle. Das Erste, ein unscheinbares Gebäude, wurde um 1700 durch
ein etwas größeres ersetzt. Das jetzige Gebäude stammt
aus den Jahren 1901 bis 1904. Es ist im Stil mittelmärkischer
Backsteingotik unter Leitung von Hans Schütte und Hugo Kinzer
errichtet worden. 1926/27 sowie 1936 bis 1939 wurde es erwitert. Es
zählt zu den schönsten Rathäusern Berlins.
1906 wurde das Gebäude durch den Handstreich des arbeitslosen
Schusters Wilhelm Vogt international bekannt. In einer beim Trödler
erstandenen Hauptmannsuniform und in Begleitung von 12 Soldaten beschlagnahmte
er die Stadtkasse. Ordnungsgemäß quittierte er den Betrag
von 4.002,37 Mark und entkam. Am 26. Oktober konnte er verhaftet werden.
Vier Jahre Gefängnis bekam er
aufgebrummt; nach zwei Jahren wurde er vom Kaiser begnadigt Nach seiner
Entlassung aus dem Gefängnis wurde aus dem armen Wilhelm ein
"reicher Maxe". Schon im Gefängnis hatte Voigt Geld,
Geschenke und sogar einige Heiratsanträge erhalten. Als er im
Sommer 1908 das Gefängnis Tegel verließ wurde er von vielen
Berlinern umjubelt. Er ließ von sich Postkarten drucken, gab
Autogramme, fuhr quer durch Deutschland, Luxemburg, in die Schweiz
und sogar nach Amerika. In einem Leipziger Verlag erschien 1909 seine
Biographie, sie wurde ein Bestseller. Voigt kaufte sich in Luxemburg
ein Haus, hier verstarb er am 4. Januar 1922 mit 72 Jahren.
Zum Andenken an den Hauptmann von Köpenick, dem Schuster Wilhelm
Vogt, stellte man vor das Rathaus eine Bronzestatue von ihm. Schaut,
da steht er neben mir.
Wo wir schon mal hier sind, wollen wir noch einen Blick ins Rathaus
werfen. Ob die Tür wohl geöffnet ist? Ja, und wir schreiten
hinein. Wir sind überwältigt von dieser Backsteingothik.
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Wie es dann wohl im Ratskeller aussieht? Gehen wir hinein. Es ist
ohnehin gerade Mittagszeit und wir haben Hunger. Mal sehen, was uns
geboten wird. Der Ratskeller lag einst im ersten Stock. Heute befindet
er sich, wie es sich für einen ordentlichen Ratskeller gehört,
in den Kellergewölben. Und was für Gewölbe! |
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So, mal sehen, was uns hier geboten wird. Eine riesige Speisekarte
wird uns gereicht und was wird uns da angeboten? Orts typische Gerichte,
die die Namen von Köpenicker Persönlichkeiten tragen, wie
"Das Leibgericht des Wilhelm Voigt" oder "Das
Abendmahl der Charlotte von M.". Schaut den Auszug aus der
Speisekarte an und ihr seht, was da geboten wird. Wir haben "Nantes
Versuchung mit Ente" gewählt. Es hat fantastisch geschmeckt. |
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Der Ratskeller bietet nicht nur tolle Speisen, nein in den kühleren
Jahreszeiten finden auch Jazz-Konzerte sowie literarische und Liederabende
statt. Und
in den Sommermonaten wird im Innenhof des Rathauses ein Open Air Konzert,
das Köpenicker Blues &Jazz Festival, veranstaltet. Hier werde
ich von der Schlussveranstaltung des
2. Festivals berichten. Am 30. und 31. August waren wir dort. Die
Veranstaltungen begannen immer um 20 Uhr. Da die Plätze nicht
nummeriert sind, sichert rechtzeitiges Kommen die besten Plätze.
Hier sind wir nun im Innenhof des Köpenicker Rathauses. Dort
der Turm des Haupttreppenhauses mit der Butzenscheibe des Berliner
Bären. Diese Scheibe hatten wir schon vonInnen gesehen. Und dort
die Bühne vor der Fassade des Rathauses. Was bekommen wir zu
hören? Schauen wir auf das Programm. Dr. Jazz, eine alt bekannte
Band, die Köstritzer Jazzband, eine wilde Band, ein Kontrast
zu den alt bekannten Jazzgrößen und Chris Baber Jazz &
Blues Bandmit CHRIS BABER Posaune, PAT
HALCOX Trompete, JOHN CROCKER Saxophon,
IAN WEELER Klarinette, JOHN SLAUGHTER
Gitarre,
JONNY MC CALLUM Banjo, VIC PITT Bass
und RUSSEL GILBROOK Schlagzeug. Es ist
meine Lieblingsband, ihretwegen waren wir nach Berlin gereist. Sie
spielten diesen Abend unter anderem SWEET GEORGIA BROWN, CHIMSEN BLUES,
DOWN BY THE RIVERSIDE und als Zugabe ICE CREAM. Es war ein Erlebnis
der besonderen Art.
Spät nachts begaben wir uns dann beschwingt in unser Hotel zurück.
Es war inzwischen stark abgekühlt. 10 Grad Celsius zeigte das
Thermometer an. Das hatten wir im Innenhof des Rathauses gar nicht
so bemerkt, die vielen hundert Menschen und die heiße Musik
hatten den Veranstaltungsraum richtig aufgeheizt. Es herrschten angenehme
Temperaturen und das fehlende Dach sorgte immer für ausreichend
frische Luft.
Wir hatten es zum Glück nicht weit bis zu unserem Hotel. Dort
erwartete uns am nächsten Morgen beim Frühstücken eine
tolle Überraschung. Chris Baber und seine Band hatten in dem
gleichen Hotel übernachtet wie wir. Gleich nach dem Frühstück
beluden sie ihre Fahrzeuge und starteten. Wir verfolgten ihr Tun und
begleiteten sie noch einen kurzen Weg durch die Köpenicker Altstadt,
bevor sich unsere Wege trennten.
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