Wir fahren nach Masuren
über Posen
- ein Stadtspaziergang durch Posen -
6./7. September 2010
Wir
fahren mit einem Bus nach Masuren. In Posen übernachten wir,
bevor wir unsere Reise am nächsten Tag fortsetzen. Nach dem
Abendessen schlendern wir noch über den Alten Markt. Die Gebäude
auf und um den Markt herum sind alle dezent beleuchtet. Es ist ein
bezaubernder Anblick.
Vor dem Rathaus steht der Proserpina Brunnen. Dieser stellt den
Raub der Proserpina durch Pluto dar. Proserpina war eine römische
Gottheitund
Tochter des Jupiter und der Ceres. Pluto, der Gott der Unterwelt,
bat Jupiter um die Hand der Proserpina, doch der meinte, dass ihre
Mutter Ceres es niemals gestatten würde, dass ihre Tochter
im düsteren Tartaros leben müsste, stellte es ihm aber
frei, sie zu entführen, was Pluto dann auch tat. Die Statuen
aus dem Zeitalter des Barocks stellen häufig griechische und
römische Gottheiten dar.
Auf einer kleinen Stadtrundfahrt am nächsten Morgen kommen
wir als erstes an einem Park mit dem Denkmal von Adam Mickiewicz
und dem Denkmal, das an die Opfer des Aufstandes
vom Juni 1956 erinnern soll, vorbei. Wer war Adama Mickiewicza?
Er galt als Nationaldichter Polens und war wichtiger Vertreter der
polnischen Romantik. Er setzte sich außerdem für ein
unabhängiges Polen ein.
Wenig später stehen wir vor der Raczynski-Bibliothek. Der polnische
Adligen und Publizisten Edward Raczynski
gründete 1829 diese öffentliche Bibliothek und stiftete
als Startbestand 10.000 Bücher aus seiner eigenen Bibliothek.
Nicht weit entfernt steht das Stadttheater, die ehemalige Posener
Oper. Jetzt
kommen wir an einem Gebäude vorbei, dessen Seitenwand eine
prunkvolle verzierte Uhr schmückt. Hinter
dem Gebäude steht die Kirche des hl. Antonius von Padua. Sie
wurde Ende des 17. Jahrhunderts von den Franziskanern errichtet,
nachdem den Mönchen 1668 gestattet wurde, sich innerhalb der
Stadtmauern nieder zu lassen. An
der Westseite der Kirche steht ein Denkmal des 15. Posener Ulanenregiments.
Es stellt einen mit einem Drachen kämpfenden Ulanen dar.
Das Denkmal soll an den Kampf des Ulanenregiments während
des Posener Aufstandes 1920 für die Unabhängigkeit und
die Angliederung der Provinz Posen an Polen erinnern.
Jetzt sind wir am Alten Markt angekommen. Viele Brunnen zieren
den Platz. Dieser zentrale Platz
wurde um 1253 angelegt und ist nahezu Quadratisch mit einer Seitenlänge
von 141 Metern. Er hat sowohl eine äußere als auch
eine innere Bebauung. Die erste Bebauung bestand aus Holzhäusern.
Im 14. Jahrhundert begann man diese durch gemauerte Gebäude
zu ersetzen. Ein großer Brand am Alten Markt beschleunigte
die Erneuerung der Holzhäuser durch Steinhäuser erheblich.
Es waren überwiegend Handwerker- und Krämerhäuser,
die hier standen. Die Grundstücke waren 7 bis 8 Meter breit
und 35 bis 43 Meter tief. Zum Markt
hin stand ein Wohnhaus mit Ausstellungs-, Verkaufs- oder Repräsentationsräumen
im Erdgeschoß. Im Hinterhof der Fronthäuser, getrennt
durch einen kleinen Hof, standen Hofgebäude, in denen sich
Lagerräume und Werkstätte befanden. Diese
einheitliche Bebauung veränderte sich im 18. Jahrhundert.
Adelsfamilien kauften Grundstücke auf. So entstanden zahlreiche
Paläste, wie hier der Dzialynski-Palast. Ursprünglich
standen dort zwei mittelalterliche Bürgerhäuser. Sie
wurden abgerissen und an ihrer Stelle dieser Palast errichtet.
Der Vogel oben auf dem First soll einen Pelikan darstellen. Der
Pelikan war im Mittelalter für die
christlichen Kirchen das Symbol für Aufopferung und Hingabe.
Denn einer Legende nach hatte ein Pelikan während einer Hungersnot
seine Jungen mit seinem Blut ernährt. Die Jungen überlebten
und der alte Pelikan starb. Dieses Verhalten wurde mit Christus
verglichen, der sein Blut und damit sein Leben für die Menschen
hingab. Wir
schauen an den kunstvoll verzierten Häusern entlang und erblicken
in der nordwestlichen Ecke des Platzes an einem Gebäude eine
Statue. J.B. Quadro steht auf dem Sockel geschrieben. Wer war das?
Der große Brand von 1536 hatte viele Gebäude beschädigt,
so auch das Rathaus. Der Magistrat von Posen war auf der Suche nach
einem Baumeister, der die mittelalterlichen Gebäude rekonstruiert.
Die Wahl fiel auf John Baptist Quadro aus Lugano. Unter seiner Leitung
wurde unter anderem dieses wunderschöne Rathaus, eine Perle
der polnischen Renaissance, wieder
hergerichtet. Oben an der Fassade sind polnische Könige abgebildet.
An den Seiten sind die Portraits einiger Piastenherrscher zu sehen.
In
dem Gebäude residierte der Stadtrat und, wie wir aus der Inschrift
auf der Rückseite des Gebäudes entnehmen, wohl auch die
Gerichtsbarkeit. Heute dient es als Museum. Oben am First schaut
ein Drachenkopf aus der Wand. Es ist ein Regenwasserablauf, der
heute nicht mehr das
Regenwasser auf den Platz plätschern lässt, da ein Regenrohr
an ihn angeschlossen ist. Viele mittelalterliche Gebäude, besonders
Kirchen, wurden mit Dämonen und Drachenköpfen verziert,
um die bösen Geister aus den Gebäuden heraus zu halten.
Gegenüber steht das Gebäude der Stadtwaage. Ursprünglich
diente es als öffentliche Einrichtung zum Wiegen von Kaufmannsgütern.
Die Kaufleute mussten dafür eine Gebühr, das Wiegegeld,
bezahlen. Heute befindet sich hier das Standesamt. Zwischen
der Stadtwaage und dem Rathaus steht ein Brunnen mit der Figur eines
Wasser tragenden Mädchens, der Bamberka. Woher kommt der Name
Bamberka?
Anfang des 18. Jahrhunderts wurde die ländliche Bevölkerung
in der Umgebung von Posen durch Krieg und Seuchen stark dezimiert.
Die Posener Ratsherren beschlossen darauf hin, Siedler aus der Umgebung
von Bamberg in Oberfranken zu holen und ihnen den Ackerbau anzuvertrauen.
Die Siedler gewannen Anerkennung bei den Polen. Ihnen zu Ehren
wurde dann der Brunnen aufgestellt. Immer Anfang August wird der
Tag der Bamberger gefeiert. Es ist ein Trachtenfest auf dem Alten
Markt. Vom
Alten Markt biegen wir in die Straße Klasztorna ein. An ihrem
Ende erhebt sich der Turm des ehemaligen Jesuitenkollegs. Als die
Jesuiten nach Posen kamen, gründeten sie hier eine Schule,
die 1611 das Recht erhielt, akademische Grade zu verleihen. Bis
zur Aufhebung des Jesuitenordens im Jahre 1773 existierte dieses
Kolleg. Heute befindet sich in diese Gebäude die Stadtverwaltung.
Auf dem Platz vor dem Gebäude stehen zwei Ziegenböcke.
Was soll uns das sagen? Die Ziegen
sollen auf ein Ereignis am Posener Rathaus hinweisen. Im Jahre 1551
erhielt das Rathaus eine prunkvolle Uhr. Die Fertigstellung sollte
gefeiert werden. Bei der Zubereitung des Festmahls verbrannte das
vorbereitete Fleisch. Da alle Läden schon geschlossen waren,
versuchte man Tiere zu fangen. Es gelang zwei Ziegenböcke zu
fangen.
Die Tiere verspürten wohl, was mit ihnen geschehen sollte
und flüchteten auf das Gerüst zum Uhrenturm. Dort oben
begannen sie dann zur Freude der versammelten Menschen, sich mit
den Hörnern gegenseitig zu stoßen. Alle amüsierten
sich so über die Begebenheit, dass man sich entschloss, über
der Uhr einen Mechanismus mit zwei Ziegenbock-Figuren einzubauen.
Zu jeder vollen Stunde erscheinen jetzt diese beiden Ziegenböcke
oben über der Rathausuhr.
Neben dem Jesuitenkolleg steht die Kirche des hl. Stanislaus, die
Stadtpfarrkirche. Sie
wurde auch von den Jesuiten erbaut und 1705 geweiht. Sie gehört
zu den wertvollsten barocken Baudenkmälern in Polen. Das Gewölbe
des Hauptschiffes wird von 16 riesigen Säulen aus künstlichem
Marmor getragen. Über den Säulenköpfen stehen Figuren
der 12 Apostel. Die Orgel hat 2579 Pfeifen. Die größten
sind 6 m lang. In diesem Gotteshaus finden oft Orgelkonzerte statt.
Das war ein Kurzer Besuch in Posen. Jetzt fahren wir weiter nach
Thorn.
Mit einem Klick auf das YouTube-Bild unten könnt ihr das Video
"Wir fahren nach Masuren über Posen" starten.
Aufgenommen am 6./7.. September 2011, bitte
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