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Wir fahren jetzt von Santo Domingo de la Calzada nach Burgos.
Knapp 100 Kilometer müssen wir zurücklegen. Pilger benötigen
für diese Strecke bis zu fünf Tage.
Uns bringt der Bus in ungefähr eineinhalb Stunden nach Burgos.
Der Jakobsweg verläuft hier parallel zur Straße. Auf
der linken Seite können wir ihn sehen. Es ein relativ ebener,
jedoch fast baumloser Abschnitt des Weges. Nicht nur Wanderer, sondern
auch Radler sind hier unterwegs. Man erkennt die Pilger an der Jakobsmuschel
an ihrem Gepäck.
Jetzt haben wir einen Vorort von Burgos erreicht. Wir
fahren zur Altstadt, dort steht die Kathedrale. Ihre Türme
schauen majestätisch über die Häuser hinweg. Unser
Bus hält am Fluss Arlanzón. Wir begeben uns über
die Brücke Santa Maria zum Arco de Santa Maria, einem Stadttor
aus dem 15. Jahrhundert.
Über dem Tordurchgang sind in den sechs Nischen Helden und
Königsfiguren dargestellt. Links oben steht Fernan Gonzalez,
der erste unabhängige Graf von Kastilien, in der Mitte Kaiser
Karl V.,
König von Aragón, Kastilien und Leon und rechts daneben
Rodrigo Díaz de Vivar, genannt El Cid, der Nationalheld von
Burgos. Darunter stehen rechts und links zwei kastillianische Richter
und in der Mitte Diego Porcelos, der Gründer der Stadt.
Über diesen sechs Figuren steht ein Engel, der den Stadtplan
von Burgos in den Händen halten soll. Und ganz oben, über
allen blickt die Jungfrau Maria, die Schutzheiligen von Burgos,
auf uns hinunter.
Wir gehen jetzt nicht durch das Tor, sondern begeben uns nach rechts
zu einer wunderschönen schattigen Baumallee. "Paseo del
Espolón" heißt dieser Weg. Es ist Burgos Vorzeigepromenade.
Sie verläuft parallel zum Flüsschen "Arlanzón".
Zwischen dem Gehweg und dem Flüsschen zieren diverse Statuen
und Brunnenanlagen die Promenade. Auch kunstvoll gestaltete Eiben
rahmen den Weg.
Nach wenigen Minuten taucht links ein Gebäude auf, das auf
dem First ein Glockentürmchen trägt. Unten in der recht
nüchternen Fassade sind drei Torbögen. Was sich wohl dahinter
befindet? Wir gehen hindurch und stehen auf dem "Plaza Mayor".
Das Gebäude, durch das wir hindurch gegangen sind, ist das
Rathaus von Burgos. Hier auf der Seite zum Rathausplatz sieht die
Fassade
interessanter aus. „Casa Consistorial“ steht über
den Torbögen und oben unter dem First steht die Jahreszahl
in römischen Ziffern (ADMDCCLXXXVIII). Wie war das noch mit
den römischen Zahlen? Die ersten beiden Buchstaben hatten mich
zunächst verwirrt, bis ich sie von den folgenden gedanklich
trennte. Oben unter dem First steht also „Anno Domini 1788“.
Wir begeben uns wieder zurück auf die Promenade und wenden
uns nach links. Dort taucht ein kleiner Pavillon auf und am Ende
schließt ein Gebäude die Promenade ab. Es ist das Theater
von Burgos. Es steht am „Plaza el Cid“, dem Platz, der
nach dem spanischen Nationalhelden benannt wurde. Dort steht sein
Denkmal, auf dem er symbolisch dem Feind, den Berbern, entgegen
stürmt. Legendär
ist sein letzter Kampf. Er wurde in einem Hinterhalt tödlich
verwundet. Seinen Gefolgsleuten nahm er das Versprechen ab, den
Feind weiterhin anzugreifen. Entsprechend seinem Wunsch, banden
sie den Leichnam sorgfältig gekleidet auf sein Pferd. Sein
treuer Hengst trug den Toten, der sein Schwert in der Hand hielt,
auf das Schlachtfeld. Die Berber erschraken, als sie den Todgeglaubten
auf seinem Pferd sahen. Sie waren wie gelähmt und verloren
die Schlacht. So sagt es die Legende.
Auf dem Weg durch die Altstadt zur Kathedrale kommen wir zuerst
an der „Casa del Cordon“ vorbei. Es ist ein Gebäude
aus dem 15. Jahrhundert
und diente den katholischen Königen und Christoph Kolumbus
als Treffpunkt, als der Entdecker von seiner zweiten Amerikareise
zurückkehrte. Auch die Habsburger wohnten zeitweise in diesem
Haus. Der Name des Hauses wird abgeleitet von dem Symbol der Franziskanermönche,
der „Grand Cordon“, die sich an der Tür dieses
Hauses befindet.
Als Nächstes kommen wir an der Pilgerherberge "Casa de
los Cubos" vorbei. Der Name Cubos beschreibt das Gebäude
treffend. Es ist ein quadratisches Bauwerk, das die Vorbesitzer
wohl als Festung errichtet hatten. Es stammt aus dem 15. Jahrhundert.
Heute ist es eine Pilgerherberge und gehört der Kommune.
In Sichtweite der Pilgerherberge steht die Kathedrale. Sie ist an
einem Hang errichtet. Wir stehen an der oberen Seite, vor dem Portal
des nördlichen Querschiffes. "Puerta de la Coronería",
auch Krönungs-, Apostel- oder Hohes Portal wird dieser Zugang
genannt. Der Jakobsweg führt hier oben direkt an diesem Portal
vorbei.
Schauen wir uns die dreieckige Giebelfläche oberhalb der Tür,
das Tympanon, mal etwas genauer an. Es
stellt das jüngste Gericht mit Christus als Richter dar. Die
gekrönte Jungfrau und Johannes der Evangelist erbitten Erbarmen
für die Seelen. Neben diesen beiden Figuren steht links ein
Engel mit einer Lanze und rechts ein weiterer mit der Säule
der Geißelung. Darüber schweben auf einer angedeuteten
Wolke Engel mit Kreuz, Leichentuch, Dornenkrone und den Nägeln
der Kreuzigung.
Damit dieser Zugang zur Kirche nicht als Abkürzung in die tiefer
gelegenen Teile der Stadt genutzt wird, ist dieses Portal seit 1830
ständig verschlossen,
Wir begeben uns nun um die Kathedrale herum zum„Plaza de Santa
Maria“. Eine schräge Rampe führt uns hinunter. Hier
blicken wir auf die mächtige Hauptfassade im Stil der nordfranzösischen
Gotik. 58 Meter ist die Fassade zwischen den beiden Türmen
hoch. Die beiden identischen Türme überragen die Fassade
um weitere 30 Meter, sie sind also 88 Meter hoch.
Oberhalb der Spitzbogenfenster in der dritten Ebene haben die Baumeister
in einer Inschrift verewigt, wie sie dieses Meisterwerk empfinden.
„PULCHRA ES ET DECORA“ steht dort in Stein gemeißelt.
„Schön bist du und anmutig“ heißt das übersetzt.
Recht haben sie! Im zweiten Geschoss ziert im mittleren der drei
Joche eine Fensterrose die Wand. Diese Rosette wurde aus Spenden
der jüdischen Bürger von Burgos finanziert und zeigt auf
Wunsch der Geber in der Mitte einen Davidstern.
Um in die Kathedrale zu gelangen, müssen wir uns auf die Südseite
des Gebäudes begeben, auf den „Plaza del Rey San Fernando“.
Der Zutritt für Touristen erfolgt durch den „Portico
Sarmental“. Auch dieses Eingangsportal ist reich verziert.
Im Tympanon thront wieder Christus in einer Darstellung des Jüngsten
Gerichtes. Darunter sitzen die zwölf Apostel.
Die Turmspitzen hinter dem Portal gehören zu der Kuppel, dem
Vierungsturm, der die Stelle markiert, an der sich das Längs-
und Querschiff kreuzen. In der Kathedrale werden wir zu dieser Kuppel
hinauf schauen.
Durch das Sarmental-Portal kommen wir in das südliche Querschiff
der Kathedrale. Es ist ein Raum von beachtlicher Höhe. Über
20 Meter ist er hoch. In der rechten Seitenwand erblicken wir eine
aufwendig gestaltete Tür. Es ist die „Puerta del Claustro“,
der Zugang zum oberen Kreuzgang.
Wir blicken hinüber zum nördlichen Querschiff und sehen
dort eine Treppe, die zu einer weiter oben liegenden Tür führt.
Es ist die Tür vom Coronería-Portal, vor der wir vorhin
draußen standen. Die Treppe wird wegen der goldenen Verzierung
an ihren Geländern „Goldene Treppe“ genannt. Bedingt
durch die Hanglage der Kathedrale liegt das Coronería-Portal
zirka 15 Meter über dem „Plaza del Rey San Fernando“,
von dem wir vorhin über die Treppe zum Sarmental-Portal die
Kirche betreten haben.
Jetzt schauen wir nach oben zur Laterne der Vierung und erkennen
ein Licht durchflutetes Gewölbe. Es sieht faszinierend uns.
In dem Gewölbe sind maurische und gotische Einflüsse zu
erkennen.
Wir stehen ungefähr im Schnittpunkt des Längs- und Querschiffes.
Rechts im Längsschiff steht der Altar mit dem riesigen Altaraufsatz.
Er ist wie in Santo Domingo mit vielen geschnitzten Bildern reich
verziert.
Im Längsschiff hinter uns steht das Chorgestühl. In dieser
Kathedrale wurde es nicht entfernt. Es ist, wie üblich, u-förmig
angeordnet.
Oberhalb des Gestühls erblicken wir auf beiden Seiten eine
Orgel. Diese haben zusätzlich waagerechte Pfeifen. „Spanische
Trompeten“ werden sie genannt. Auf der iberischen Halbinsel
wurden sie ab der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts in viele Orgeln
eingebaut.
Bisher hatten wir nur in das Längs- und Seitenschiff der Kathedrale
hinein geschaut. Die Kirche ist aber viel größer. Rundherum
wurden viele Kapellen angebaut. Insgesamt sollen es 15 sein. Wir
haben nur in einige Wenige hinein gesehen, wie in diese. Der Glassarg
weckte unsere Neugier. Es muss eine wichtige Persönlichkeit
sein, die so bestattet wird. Es ist die Kapelle des St. Gregory.
Hier ruht Heinrich von Peralta und Cardenas, er war einst ein Erzbischof.
Auf einem Altaraufsatz in der Kapelle de San Juan Bautista erkennen
wir einen Reiter auf einem weißen Pferd, der ganz offensichtlich
Mauren tötet. Ja, so ist es. Wie kam es dazu, dass dieser Reiter
hier in der Kapelle steht? Einer Legende nach erschien Jakobus der
Ältere als Ritter auf einem Schimmel bei den christlichen Heeren
in einer Schlacht gegen die Mauren. Er führte die Christen
zum Sieg und erhielt den Beinamen „Matamoros“, Maurenbezwinger.
Seit dem 9. Jahrhundert hatte sich der Apostel Jakobus der Ältere
zum Nationalheiligen entwickelt, der auch in kriegerischen Auseinandersetzungen
half. Folglich finden wir ihn in dieser Darstellung in einer Kirche.
Die Constable-Kapelle nebenan ist wesentlich aufwendiger gestaltet.
Hier ruhen Pedro Fernandez de Velasco und seine Frau Dona Maria
de Mendoza. In der Kathedrale gibt es unterschiedliche Arten der
Kapellen, die Kapellen der Reliquien und die der Präsentation.
Letztere haben wir wohl vorwiegend betrachtet. Auf dem Weg zum südlichen
Ende der Kirche kommen wir an der Kapelle von Santa Anna vorbei.
In der Kapelle steht wieder ein riesiges geschnitztes Altarbild.
Wir nähern uns langsam dem für Touristen gesperrten Teil
der Kathedrale. Ein kleiner Abschnitt an der Plaza Santa Maria ist
den Menschen vorbehalten, die zu einer Andacht in die Kirche kommen.
Wir sind jetzt im Triforium und erblicken ziemlich weit oben eine
Uhr. Über der Uhr befindet sich eine Spielfigur, der Papamoscos,
übersetzt Fliegenfänger. Im Viertelstundentakt läutet
er die Glocke und lässt seine Kinnlade auf und zu schnappen.
Es hat uns überrascht, in einer Kirche solch eine Uhr zu sehen.
Wir werden jetzt die Kathedrale verlassen. Dazu begeben wir uns
eine Etage hinunter und gelangen in die Gewölbe der ersten
Kirche. Dort ist ein Model ausgestellt, das die ursprüngliche
romanische Kirche zeigt. Die späteren Erweiterungen in den
folgenden Jahrhunderten sind angedeutet. Baumeister aus ganz Europa
waren hier tätig und es gelang ihnen eine stilistische Einheit
zu schaffen. Wohin wir auch blickten, wir sahen in jedem Winkel
eine atemberaubende Fülle an Verzierungen, Glanz und Pracht.
Es ist ein beeindruckendes Bauwerk.
Wir verlassen die Altstadt durch das Stadttor Santa Maria und schlendern
noch eine Weile unter
den Arkaden am Fluss Arlanzón entlang, bevor wir wieder in
den Bus steigen und nach Leon fahren.
Mit einem Klick auf das YouTube-Bild unten könnt ihr das Video
"Jakobsweg - Burgos" ansehen. Aufgenommen am 16. September 2011, bitte
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