Nach Finisterre über Carnota mit seinem
riesigen Hórreo
(bewegt die Maus auf die Bilder, wenn eine
Hand erscheint, klickt das Bild an und es erscheint ein größeres
Bild.)
Heute fahren wir von unserem Hotel bei Santiago de Compostela über
Muros und Carnota ans westliche Ende der damaligen Welt, nach Kap
Finisterre.
Der Nebel zeigt uns an, dass wir uns der Küste nähern.
Es ist der Morgennebel, der sich im Laufe des
Vormittags verzieht. Wir nähern uns jetzt Muros. Der Ort ist
ein kleines Fischerdorf an der nördlichen Küste des fjordartigen
Einschnitts, der Fjord „Ría de Muros e Noia“
zirka 60 km westlich von Santiago de Compostela.
In diesem Fjord, an dem wir jetzt vorbei fahren, befinden sich ausgedehnte
Muschelfarmen.
An Flößen aus Eukalyptusholz mit einer Seitenlänge
von 25 m hängen bis zu 500 Seile ins Wasser. An den bis zu
15 Meter langen Seilen wachsen Miesmuscheln heran. Der Atlantik
mit starken Gezeitenbewegungen,
sauerstoffreichem Wasser und großem Nahrungsreichtum ist ein
guter Lebensraum für die Aufzucht der galizischen Miesmuscheln.
Die Zeit von der Aufzucht bis zur Ernte umfasst mehrere Phasen.
In der ersten Phase wird die Muschelbrut gewonnen. In der zweiten
Phase wird die Brut mit einem feinen wasserlöslichen Netz an
die Seile geheftet. Wenn die Muscheln ihre Haftfäden ausgebildet
haben, werden sie in der dritten Phase auf die Seile verteilt. Nach
ca. 15 bis 18 Monaten werden sie geerntet. Bis zu 220 Kilo Miesmuscheln
ernten die Fischer je Seil. Anschließend werden sie nach Größen
sortiert und für den Export speziell verpackt. Die Fischwirtschaft
ist der Hauptarbeitgeber der Gemeinde von Muros.
Jetzt sind wir in Muros. Das Gebäude vor uns ist das Rathaus.
Wir
schlendern die Straße am Fjord entlang und erreichen am Ende
des Ortes, rechts auf dem Hügel, die Kirche San Pedro. Vor
der Kirche steht ein für diese Region typischer ein Speicher
für Feldfrüchte, ein
Hórreo. Wir schauen uns die Kirche etwas genauer an. Sie
hat sehr schöne moderne farbige Glasfenster.
Jetzt fahren wir weiter. Carnota ist unser nächstes Ziel, ein
kleiner Ort auf dem Weg zwischen Muros und Finisterre. Was gibt
es denn dort zu sehen? Vor Ort werden wir es erfahren. Nun haben
wir Carnota erreicht. Etwas außerhalb des Ortes erfahren wir,
was Carnota so sehenswert macht. Wir stehen jetzt vor dem wohl größten
Hórreo von ganz Galizien. Er ist 35 Meter lang. Hórreos
sind frei stehende Speicher, die hier in Galicien aus Stein gebaut
sind. Der
Speicher hat einen lang gestreckten rechteckigen Grundriss und die
Wände sind mit Luftschlitzen versehen. Hintergrund für
diese Bauweise sind die klimatischen Bedingungen im Nordwesten Spaniens.
Niederschlagsmengen von bis zu 2000 mm/m² und die daraus resultierende
hohe Luftfeuchtigkeit lassen die Vorräte bei schlechter Durchlüftung
verrotten. Es dürfen aber keine Tiere durch die notwendigen
Lüftungsöffnungen eindringen.
Was hier wohl gelagert wir? Es könnten Kartoffeln sein. Um
Vögel vom Lagergut fernzuhalten, sind die Lüftungsschlitze
klein gehalten. Um am Boden lebende Nagetiere von den Vorräten
abzuhalten, sind die Hórreos frei stehend auf steinernen
Pfeilern mit großen Steinscheiben aufgestellt. Die Steinscheiben
bilden einen Überhang, der von den am Boden lebenden Tieren
nur sehr schwer zu überwinden ist. Die Hórreos sind
mitunter reich verziert; häufig befinden sich Kreuze auf ihren
Dächern, oder aber steinerne Obelisken. Beide sollen böse
Geister abhalten. In
der Nähe des Hórreos steht die Pfarrkirche „Parroquia
Santa Columba de Carnota“
Der Turm scheint wohl nicht mehr ganz standfest zu sein. Wahrscheinlich
darf die Glocke nicht mehr schwingen. Der Glockenklang wird jetzt
wohl über den Lautsprecher neben ihr erklingen. Vor
der Kirche erblicken wir einen Friedhof. Er liegt nordwestlich des
Ortes, also in Richtung der untergehenden Sonne. Warum in Richtung
der untergehenden Sonne, hat das was zu bedeuten? Ja, in dieser
Richtung ist der Tag zu Ende, und für die, die dort liegen,
das Leben. Anders, als bei uns, sind die Grabstätten oberirdisch
in Mauernischen oder gar Totenhäuser untergebracht und reichhaltig
geschmückt und verziert.
Sehr bald schon fahren wir weiter. Unser nächster Halt ist
am Kap Finisterre. Die Römer nannten den Ort „finis terræ“,
was übersetzt bedeutet „Ende des Landes“. Für
sie war hier der bekannte Kontinent zu Ende. Weiter westlich gab
es nur noch Wasser. Schon die Kelten zelebrierten hier Fruchtbarkeits-
und Sonnenriten. Es heißt, dass auch der phönizische
Sonnentempel „Ara Solis“ dort gestanden haben soll.
Es war zu jener Zeit ja immer die Frage, ob die Sonne, die im Westen
von der Erde verschwindet, am nächsten Tag im Osten wieder
erscheint. Damit das geschieht, mussten die Götter gnädig
gestimmt werden.
Der Jakobsweg endet am Kap Finisterre. Wieso hier? Viele Pilger,
die im Mittelalter auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela
zogen, gaben sich nicht damit zufrieden, das Apostelgrab erreicht
zu haben. Die Neugier trieb sie weiter.
Sie wollten zum einen das Meer sehen, über das Jakobus der
Legende nach als Toter nach Galicien gekommen sein soll und zum
anderen auch die westliche Grenze zwischen der ihnen bekannten Welt
und dem unendlichen und geheimnisvollen Ozean sehen. Erst dann kehrten
sie heim. Der Fußweg von Santiago de Compostela zum Kap beträgt
ca. 90 km. Es
ist Tradition, die auf „dem Weg“ getragene Kleidung
- zumindest ein Teil davon – hier am Kap Finisterre zu verbrennen.
Der traditionelle Ritus – richtig ausgeführt –
verspricht, dass man am nächsten Tag als neuer Mensch erwachen
wird.
Wir steigen den Felsen aus Granitgestein wieder hinauf zum 1868
erbauten Leuchtturm. An der Seeseite des Gebäudes sind die
Nebelhörner sehr gut zu erkennen.
An der Felswand neben dem Leuchtturm sind einige Tafeln von Organisationen
und Persönlichkeiten angebracht, die sich um die Schifffahrt
verdient gemacht haben.
Vor der Spitze der Landzunge kreuzen einige Schiffe. Sie kommen
vom Hafen von Finisterre, der an der Ostseite dieser Landzunge liegt,
oder steuern diesen an. Wir fahren jetzt mit dem Bus dort hin. In
Finisterre haben wir erstmal eine Mittagspause eingelegt und das
lecker zubereitete Fleisch einer Jakobsmuschel verzehrt. Selbstverständlich
wird es in einer Muschelschale serviert. Bis zur Einführung
der Pilgerurkunde „La Compostela“ im 13.Jh. galt diese
Muschelschale offiziell als Nachweis für die Pilgerschaft.
Die Pilger konnten sie nur in Santiago de Compostela erwerben und
trugen sie dann gut sichtbar an ihrer Pilgertracht. Das verlieh
ihnen Ansehen und Schutz.
In Finisterre gibt es auch eine Pilgerherberge. In ihr werden jedoch
nur diejenigen aufgenommen, die den Weg hierher zu Fuß, zu
Pferd oder mit dem Fahrrad bewältigt haben. So wurde es uns
berichtet. Wo die Herberge steht wissen wir nicht. Auf keinen Fall
befindet sie sich hier auf dem Wertgelände. Am
nördlichen Ortsende steht ein Denkmal. Es ist das 1993 von
Agustín de la Herrán geschaffene Auswandererdenkmal,
das „Monumento ao Emigrante“. Es soll an die zahlreichen
Emigranten Galiciens erinnern, die sich in alle Welt aufmachten,
um eine bessere Zukunft zu haben.
Wir machen uns jetzt auf den Weg nach Santiago de Compostela. Dort
wollen wir das Grab des Apostels Jakobus besuchen.
Mit einem Klick auf das YouTube-Bild unten könnt ihr das Video
"Jakobsweg - Nach Finisterre über Carnota mit seinem
riesigen Hórreo"
ansehen. Aufgenommen am 16. September 2011, bitte
Lautsprecher einschalten!
Sollte das Video oben nicht starten, dann bitte das Symbol "KPE-VIDEO"
anklicken.